Offener Brief an Terresta

Offener Brief an die Terresta AG,
Tochterfirma der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte SKKG
Warum ein offener Brief an die Terresta AG, Tochterfirma der Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte
SKKG in Winterthur?

Wie Sie sicher erfahren haben, hat die Immobilienfirma Terresta vor kurzem angekündigt, im Auftrag der von Bruno Stefanini gegründeten SKKG eine Milliarde Franken auszugeben. Dieser riesige Betrag soll in Sanierungen, in Überbauungen (Abriss) und in Neuüberbauungen fliessen. Allein in Winterthur sind über 200 Häuser mit über 1700 Wohnungen davon betroffen. Der unten dokumentierte offene Brief von BewohnerInnen von Stefanini-Häusern richtet sich an leitende Angestellte der Terresta, die für das Portfoliomanagement zuständig sind.

Wer abreissen oder sanieren will, muss erst die bewohnten Liegenschaften leeren. Im letzten Jahr hat die Terresta deshalb begonnen, mehrere Wohngemeinschaften anzuschreiben, die sie rauswerfen möchte. Die Terresta stellt die BewohnerInnen vor vollendete Tatsachen: sie müssen raus, mögen sie in diesen Häusern auch seit zehn bis bald 25 Jahren wohnen. Angaben zum Abriss- oder Sanierungsvorhaben werden vorenthalten. Der Wiederbezug der sanierten/neugebauten Wohnungen ist nicht  vorgesehen.

Die Terresta bietet einzig einen unsicheren und sehr kurzen Gebrauchsleihevertrag an. Nach einer kurzen Laufzeit wird das Haus geräumt und abgerissen oder saniert. Die BewohnerInnen werden auf die Strasse gestellt. Die Terresta – und damit die SKKG – verfolgt ein einziges Ziel: unbemerkt von den AnwohnerInnen, vom Quartier und der Öffentlichkeit sollen die Leute verschwinden. Die UnterzeichnerInnen des offenen Briefes sind von diesem rücksichtslosen Vorgehen bereits betroffen oder werden es bald sein.

Sie setzten sich für eine machbare Alternative ein. Die von ihnen selbst seit Jahren auf eigene Kosten unterhaltenen Stefanini-Häuser sollen weder abgerissen noch teuer saniert werden. Sie schlagen daher einen Baurechtsvertrag und eine Schenkung (oder den Verkauf) der Liegenschaften an eine kollektive Besitzstruktur vor.
Ein solches Vorgehen hätte einige Vorteile. In Zeiten der COVID-19-Pandemie würde günstiger Wohnraum erhalten und langfristig der Spekulation entzogen. Zudem macht es in der gegenwärtigen Klimakrise Sinn, die bestehende Bausubstanz zu erhalten statt einfach abzureissen, wie es die Terresta in mehreren Fällen vorhat. Und schliesslich könnte die SKKG damit beweisen, dass sie ihre soziale Verwantwortung wahrnimmt und nicht nur davon spricht.

Häuservernetzung Winterthur, 27.03.2021

haeuservernetzung-winti(aet)riseup.net

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Offener Brief:

Terresta Immobilien- und Verwaltungs AG
Z.Hd. S. Angele/L. Sigg
Neuwiesenstr. 15
8400 Winterthur

Winterthur, 27.03.2021

Guten Tag Frau Sigg und Herr Angele

Nach den Gesprächen mit Ihnen am 23. und 25. November 2020 und der SKKG-Informationsveranstaltung vom 19. Januar 2021 möchten wir uns zurückmelden. Wir lehnen Ihren Vorschlag ab, individuelle, sehr kurze und unsichere Gebrauchsleiheverträge abzuschliessen.

Sämtliche unterzeichnenden Häuser werden seit zehn bis bald 25 Jahren von den Bewohner/innen selbstverwaltet und auf eigene Kosten instand gehalten. Sie bieten günstigen Wohnraum für Menschen mit wenig Mitteln und Möglichkeiten. Um dies auch weiterhin gewährleisten zu können, braucht es einen langfristigen und sicheren Rahmen zur nachhaltigen Sicherung der Bausubstanz.

Wir schlagen daher vor, für jedes der unterzeichnenden Grundstücke einen Baurechtsvertrag über 30 Jahre und eine Schenkung oder Verkauf der Häuser zu einem symbolischen Preis an eine kollektive Besitz- und Nutzer/innenstruktur (Bewohner/innenverein, Genossenschaft o.ä.) zu vereinbaren.

Angesichts der Klimakrise und der dringenden Notwendigkeit, mit Ressourcen nachhaltig umzugehen, macht dieses Vorgehen unserer Ansicht nach ökologisch und sozial am meisten Sinn. Dass diese Vorgehensweise funktioniert, zeigen Beispiele wie die Helvetia an der Wildbachstrasse oder das Winterthurer Zeughaus-Areal, welche beide im Baurecht abgegeben wurden.

Gemäss Ihren eigenen Angaben an der Informationsveranstaltung vom 19. Januar verfügen Sie über beträchtliche Mittel. Sie sind nicht im geringsten auf diese Liegenschaften angewiesen, um weiterbestehen zu können.

Wir hoffen, dass wir mit Ihnen eine für alle der unterzeichnenden Häuser akzeptable kollektive Lösung finden können und vertrauen darauf, dass Sie Ihr Versprechen halten und sich mit mindestens einem Jahr Vorlaufzeit melden werden, sollten Sie mehr wissen, was mit den Liegenschaften Ihrer Ansicht nach passieren soll.

Allfällige Fragen beantworten wir Ihnen gerne schriftlich.

Freundliche Grüsse

7 selbstverwaltete Häuser in der Winterthurer Altstadt, Töss, Veltheim und Umgebung mit 50 Bewohner/innen

 

 

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