Friede den Hütten – Krieg den Palästen! Flugblatt zum 1. Mai

Wir bleiben alle!

In den letzten 20 Jahren sind die Mieten explodiert. Das Immobiliengeschäft boomt. Es wird überall abgerissen, saniert und investiert.

Erinnert ihr euch, wie es früher war? Erkennt ihr die Orte noch, in denen ihr lebt? All die widerliche Pastellfarbe auf renovierten Fassaden. Die hässlichen, überteuerten Neubauten. Alles wird aufgewertet, herausgeputzt, auf Kommerz getrimmt. Aus dem öffentlichen Raum, aus den Gassen, Plätzen, Pärken, soll alles weg, was stört. Was nicht dem Geschäft dient, hat keine Daseinsberechtigung.

Doch nicht nur da: Auch aus den Häusern sollen alle verschwinden, deren Portemonnaie nicht genug hergibt.

Gemeint sind damit wir. Weil wir in prekären Jobs arbeiten müssen, weil wir uns keine hohe Miete leisten können, weil wir keine «guten SteuerzahlerInnen» sind. Unsere Lebenskosten steigen ständig an. Die Mieten, die Krankenkassen- und Versicherungsprämien, der ÖV: alles wird teuerer, während unsere Löhne stagnieren und die Renten gekürzt werden.

Die Immo-Firmen machen in der COVID-19-Krise fette Profite, während wir die Arbeit verloren haben oder auf Kurzarbeit sind. Einen Erlass der Wohnungsmieten gibt es nicht. Sanierungen und Abrissprojekte werden weiter verfolgt, als wäre nichts geschehen. Zwangsräumungen finden weiterhin statt.

Ob Pandemie oder nicht, ob gesund oder krank: Wenn es um die Sicherung der Rendite der Hauseigentümer geht, dann bleibt alles beim Alten.

Der Verlust der Arbeit oder der Wohnung ist nicht ein individuelles Problem, sondern Ausdruck einer gesellschaftlichen Situation, die Kapitalismus heisst. Die ständige Verteuerung unseres Lebens ist ein gegen uns gerichteter sozialer Angriff von oben – und gegen den müssen wir uns von unten wehren. Es kann so einfach nicht mehr weitergehen.

In Winterthur ist eine der wichtigen Immo-Firmen die SKKG (Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte) mit ihrer Verwaltungsfirma, der Terresta. Die SKKG wurde vor gut 40 Jahren vom verstorbenen Millionär Bruno Stefanini gegründet und besitzt alleine in Winterthur 1700 Wohnungen in 200 Häusern. Diese sind in die Jahre gekommen, weil Stefanini die Mieteinanhmen lieber in seine Kunstsammlung steckte als in den Unterhalt der Häuser.

Heute wohnen in den günstigen Stefanini-Wohnungen viele, die nicht viel haben. Doch so soll es nicht mehr sein.

Denn die SKKG unter der Leitung von Bettina Stefanini will ihre Einnahmen erhöhen. Alle Häuser sollen saniert werden – einige davon möchten sie abreissen und neu überbauen. Dafür will die SKKG nicht weniger als 1 Milliarde Fr. ausgeben: 500 Millionen für Sanierungen oder Abriss, weitere 500 Millionen für Neuüberbauungen. Zur Zeit laufen bei der Verwaltungsfirma Terresta mindestens 40 Sanierungs- oder Abrissprojekte.

Die SKKG sagt, sie wolle bei den sanierten Wohnungen etwas unter den sogenannt marktüblichen Mieten bleiben. Aber auch so werden sie genug hohe Profite erzielen. Immerhin steigen die marktüblichen Mieten ständig an. Die etwas niedrigeren Mieten werden ebenso ständig ansteigen.

Diesen März haben sich mehrere Stefanini-Häuser zusammengetan, die seit zum Teil über 20 Jahren besetzt oder geduldet, auf jeden Fall aber selbstverwaltet sind. Und selbstverwaltet meint nicht gratis. Die SKKG und die Terresta haben in all den Jahren nicht einen einzigen Franken ausgegeben für diese Häuser. Unterhalten wurden sie allein von den BewohnerInnen, die sämtliche Ausgaben selber berappen. Die selbstverwalteten Häuser sind bedroht. Im Auftrag der SKKG will die Terresta die BewohnerInnen vertreiben. Sie sollen weg. Dann kann man sanieren oder abreissen und lukrative Wohnungen bauen.

Die BewohnerInnen haben ihrerseits mit einem offenen Brief einen praktischen Vorschlag gemacht. Die SKKG soll die Liegenschaften im Baurecht abgeben, die Häuser sollen an eine kollektive Struktur übergeben werden. Damit bliebe der günstige Wohnraum erhalten. Bislang hat sich weder die SKKG noch die Terresta zum Vorschlag geäussert.

Doch nicht nur die BewohnerInnen der besetzten Häuser sollen vertrieben werden. Denn die Sanierung gerade der grossen Stefanini-Siedlungen in Wülflingen und Oberwinterthur bedeutet für viele, dass sie sich die Wohnungen nicht mehr werden leisten können.

Es droht eine gross angelegte soziale Vertreibung. Die Sanierungen betreffen ja nicht nur die Stefanini-Häuser. Wird ein Block saniert, dann folgt der nächste. In der ganzen Strasse, im ganzen Quartier werden die Mieten steigen. Und sie werden nicht mehr aufhören zu steigen. Was die SKKG und andere Immo-Firmen machen, das betrifft die ganze Stadt.

Wir sagen: Wenn die SKKG und die Terresta versucht, ein Haus räumen zu lassen, dann werden wir das verhindern. Die Kosten für die Sanierungen, wo sie nötig sind, soll die milliardenschwere SKKG bezahlen und nicht auf die BewohnerInnen abwälzen. Es dürfen keine Kündigungen ausgesprochen werden. Die BewohnerInnen sollen in ihren Wohnungen bleiben können und eine Mitsprache erhalten bei den Sanierungen.

Und wir sagen auch: Ob mit oder ohne Mietvertrag – wir sind solidarisch miteinander, wir stehen zusammen und wir bleiben alle!

Häuservernetzung Winterthur, 1. Mai 2021

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